Blogparade: Reflektierende Praktiker

http://twitter.com/herrlarbig/status/232602186067103744

Einladung zur Blogparade: Reflektierende Praktiker (Lehrende und Co)

Zur Info: Lehrer an einer Bayerischen Wirtschaftsschule (Mittlerer Schulabschluss); 7 Jahre an einer Privatschule beschäftigt; Studium Lehramt Mathe/Physik; Unterricht in Mathematik und Datenverarbeitung in den Klassen 7 bis 11

Auch ich möchte der Einladung folgen und kurz aufschreiben, wie ich meinen Unterricht reflektiere. Selbstreflexion ist für mich ein sehr schönes Wort. Es ist enorm wichtig von Zeit zu Zeit das eigene Handeln zu betrachten und Schlüsse daraus zu ziehen. Das gilt nicht nur für die Arbeit als Lehrer, sondern für jede Lebenssituation.

Auch im Umgang mit meinen eigenen Kindern ist mir meine Selbstreflexion sehr wichtig. Häufig sieht man sein eigenes Verhalten in einem anderen Licht, wenn man sich neben sich stellt und versucht unvoreingenommen das Getane zu beurteilen. Daraus ergeben sich wichtige Konsequenzen.

In der Schule versuche ich verschiedene Methoden, um mein Handeln zu reflektieren. Das klingt jetzt vielleicht alles sehr durchdacht und konsequent. So ist es aber nicht. Es ist eher ein Flickwerk von Methoden, die in den letzten Jahren „herangewachsen“ sind.

1) Ich führe einen relativ umfangreichen Lehrerkalender. In diesen wird alles faktische aufgeschrieben. Die Termine der Schulaufgaben, die Themen der Unterrichtsstunden, die Stunden, die für die Kontrolle der Hausaufgaben geopfert wurden u.s.w.. Das ist also das rein Objektive meines Unterrichts. Datenmaterial. Daraus lassen sich für die Zukunft Schlüsse ziehen. Wann schreibe ich die Schulaufgaben? Warum musste ich dies und das so lange üben lassen? Warum war die Hausaufgabe so schwer von den Schülern zu bearbeiten?

2) Außerdem fotografiere ich ab und an meine Tafelbilder mit dem Handy ab und speichere sie in Klassen- und Themenbücher in Evernote. Dazu schreibe ich mir Notizen. Gerade Tafelbilder spielen bei mir eine große Rolle im Unterricht. Ich arbeite gern und viel mit der Tafel. Mit dieser Methode will ich versuchen meine Tafelbilder und damit die Hefteinträge zu verbessern.

3) Gesamte Stundenkonzepte werfe ich aber über den Haufen, wenn ich Unterrichtsbesuche bei anderen Kollegen mache. Sie geben mir Inspiration und lassen mich meinen eigenen Unterricht in einem ganz anderen Licht erscheinen. Ich bin dann immer ganz neidisch, dass ich das trockene Mathematik unterrichten muss und nicht die Freiheit der Deutschlehrer oder Geographen habe :) Bei uns an der Schule herrscht — mit Ausnahmen — ein sehr gutes Klima unter den Kollegen. Die Zusammenarbeit (auch Online) könnte jedoch besser sein.

4) In den Ferien finde ich oft die Zeit und die Muse mich um meine Aufzeichnungen der vergangenen Wochen zu kümmern, sie zu ordnen und zu werten. In den Ferien entstehen die meisten neuen Ideen und vermasselte Konzepte werden überdacht oder verworfen.

5) Immer am Ende eines Themas bzw. immer in der letzten Stunde vor den Ferien bespreche ich die letzten Wochen mit den Schülern. Was war eine Qual, was war Freude. Was wurde verstanden, was wurde als Mathe-Zauberei abgelegt. Dabei kommt immer der Wunsch der Schüler, in der Schule mehr zu üben. Wie ich das zeitlich schaffen soll? Daran arbeite ich noch …

6) Der Schulträger — eine gemeinnützige GmbH — führt alle zwei Jahre eine interne und eine externe Evaluation durch. Bei dieser können Schüler, Eltern und Lehrer anonym einen Fragebogen online ausfüllen und ihre Meinung zu den verschiedensten Facetten des „Schullebens“ an unserer Schule mitteilen. Die Fragen reichen von der fachlischen Kompetenz des Lehrers bis zur Qualität der Pausenversorgung. Es gibt Fragen, die den einzelnen Lehrer betreffen, es gibt Fragen zur Schulleitung oder zum Schulhaus. Alle beteiligten können ihre Meinung kundtun. Für die Schüler sehr wichtig: anonym. Es gibt auch ein Feld für freien Text. Neben allerlei Lobhudelei seitens der Schüler findet man auch sehr viel konstruktive Kritik am eigenen Unterricht. Die Ergebnisse dieser Evaluation bekommt die Schulleitung und der entsprechende Lehrer. Es gibt Gespräche mit der Schulleitung. Ich nehme diese „Umfragen“ sehr ernst.

Was noch? Ich wünschte, mir könnte jemand meine Feigheit austreiben, wenn es darum geht, Neues zu probieren. Es dauert bei mir sehr lange und ich muss mir meiner Sache relativ sicher sein, bevor ich etwas an meinem Unterrichtsstil ändere.

Die Reflexion ist das Eine, die Konsequenzen umsetzen das Andere.

Ich hoffe auf viele interessante Beiträge.

Danke, herrlabrig …